Eine nachhaltige Tourismusentwicklung und die Digitalisierung einer Destination können Hand in Hand gehen. Denn grundsätzlich passen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sehr gut zusammen. Diesen Zusammenhang beleuchtet auch das Gutachten „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), das sich mit der Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit beschäftigt und wichtige Handlungsfelder definiert.
„Digitale Lösungen sollten genutzt werden, um individuellen motorisierten Verkehr zu vermeiden, den Zugang zu perspektivisch emissionsfreier öffentlicher Mobilität zu verbessern und den Rad- und Fußverkehr sicherer zu machen.“
Aus dem Gutachten „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ vom WBGU, S. 20.
Dort heißt es auch, dass die Digitalisierung sich in den Dienst einer nachhaltigen (Tourismus-)Entwicklung stellen sollte und es „Schauplätze des digitalen Wandels“ brauche, welche die Möglichkeiten der nachhaltigen Gestaltung mit Hilfe der Digitalisierung veranschaulichen. Dies bedeutet explizit, dass Reallabore und Pilotanwendungen dabei helfen können, anderen zu zeigen, wie die Klammer zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit konkret aussehen kann.
Im Gutachten „Die Auswirkungen der Digitalisierung und Big Data-Analyse auf eine nachhaltige Entwicklung des Tourismus und dessen Umweltwirkung“ wird erläutert, welchen Einfluss die Digitalisierung auf die nachhaltige Tourismusentwicklung haben kann. Dabei werden große Nachhaltigkeitschancen in der Reisegestaltung gesehen. Der Bereich der „Künstlichen Intelligenz“ in Verbindung mit einer optimierten Nutzung von Mobilitäts-, Unterkunfts- und Freizeitressourcen (sharing) hat dabei das größte Potenzial. Ziel sollte es dem Gutachten zufolge sein, eine Verhaltensänderung bei Gästen zu erwirken, da darin die wirkkräftigsten Chancen gesehen werden. Transparente Echtzeitinformationen in Form von aktuellen Auslastungsangaben zu Attraktionen und Parkplätzen in Kombination mit nachhaltigen Routeninformationen bieten sehr gute Chancen, den negativen Folgen des Tourismus entgegenzutreten. Intelligente Empfehlungsdienste (Recommender) für eine nachhaltige Anreise können das Mobilitätsverhalten vor Ort positiv beeinflussen.
Dass die Sensibilität bezüglich der Umweltwirkung und sozialen Einflüsse auf den Urlaubsort auf Gästeseite steigt und damit genau jetzt die Zeit ist, um digitale Anwendungen zu gestalten, die über nachhaltige Reisealternativen informieren, zeigen auch Ergebnisse der Reiseanalyse. Das Bedürfnis, dass der eigene Urlaub möglichst ressourcenschonend gestaltet wird, hatten 2022 bereits 47 Prozent der innerhalb der Studie befragten Personen. Dabei muss ergänzt werden, dass es weiterhin eine hohe Diskrepanz zwischen dem Wunsch, dass eine Reise umweltschonend verläuft und dem tatsächlichen Handeln nach dieser Maxime gibt. Denn die Reiseanalyse gibt auch wieder, dass lediglich bei 5 Prozent der Befragten die Nachhaltigkeit des Angebotes der entscheidende Faktor war und nur bei weiteren 21 Prozent spielte es eine gewisse Rolle.
Daraus lässt sich folgern, dass Reisende zwar vermehrt den Wunsch haben, eine nachhaltige Urlaubsreise zu machen, es jedoch bei der Entscheidung selbst andere Faktoren gibt, die für sie den Ausschlag geben.
Was aber, wenn den Reisenden weiterhin die Wahl gelassen wird zu entscheiden, welchem Ausflugsziel sie sich widmen und ihnen dabei Vorschläge gemacht werden, wie sie diese Ziele ressourcenschonend und bequem erreichen? Dies könnte dazu führen, dass wenn das nachhaltige Verhalten ohne hohen Aufwand erreicht werden kann, dieses von Reisenden präferiert wird. Diese Chancen werden untermauert durch Forderungen des Deutschen Reiseverbandes (DRV), der in einem Positionspapier darstellt, dass es das Ziel sein müsse, Reisenden eine objektive Entscheidungsgrundlage an die Hand zu geben und ihnen gezielt klimafreundlichere Alternativen anzubieten sowie Informationen zum EmissionsFootprint mitzugeben. Dass es hier Nachholbedarf seitens der Reisewirtschaft gibt, zeigt sich auch durch Ergebnisse einer Studie, die der DRV in diesem Kontext beim Marktforschungsinstitut Forsa in Auftrag gegeben hat. Hinsichtlich der Frage, ob sich Reisende ausreichend über alternative Transportmittel oder Ziele informiert fühlen, geben 42 Prozent der insgesamt etwas über 1.000 von Befragten an, dass sie sich diesbezüglich mehr Informationen wünschen. Genau hier setzt die TMN mit ihrer Kooperation mit NaturTrip an.
Die TMN hat für ihr Projekt „Klimawandel anpacken – Anpassungsstrategien für den Tourismus in Niedersachsen“ bereits den Deutschen Tourismuspreis erhalten. In den Ergebnissen des Projekts werden die Handlungsfelder „Vorsorge treffen“, „Verantwortung übernehmen“ und „Vernetzung optimieren“ aufgezeigt. Die TMN hat erkannt, dass Nachhaltigkeit kein Konkurrenzthema ist und übergeordnet gedacht werden muss. Dies zeigt sich auch im Projekt mit NaturTrip.
NaturTrip Niedersachsen ist eine Web-App, die auf die Open Data-Inhalte des Niedersachsen Hub zurückgreift und Gäste dabei unterstützt, individuelle und nachhaltige Tagesausflüge via ÖPNV zu planen. Die TMN ist hier die erste Landesmarketinggesellschaft, die eine solche Lösung landesweit ausrollt. Das Ziel des Projektes ist es, mithilfe der Web-App Interessierte zu neuen Ausflugszielen zu inspirieren und dazu beizutragen, dass das Auto häufiger stehengelassen wird.
Dieser Ansatz ist auch deshalb zielführend, weil bereits 2020 rund 76 Prozent der deutschen Bevölkerung ihr Smartphone mit in den Urlaub nahmen und Navigations- sowie Reiseführer-Apps dabei zu den meistgenutzten Anwendungen zählten.
NaturTrip geht davon aus, dass nur diejenigen Ziele, die mit Bus & Bahn leicht zu erreichen sind, ohne Auto angesteuert werden. Gleichwohl sind räumlich nahe Ziele mit Bus & Bahn oft sehr umständlich zu erreichen. Dass dies aber längst nicht für alle Ausflugsziele gilt und viele davon sehr einfach, sogar ohne Umstieg und mit kurzem Fußweg zu erreichen sind, Gäste diese jedoch oft nicht kennen, macht sich die Anwendung zu nutze. Innerhalb der Web-App wird deshalb nicht nach räumlicher, sondern nach zeitlicher Entfernung geroutet.
Gäste wählen in der App zunächst aus, was sie unternehmen möchten, und geben ihren aktuellen Standort an. Die App sucht dann nach denjenigen Ausflugszielen, die zum einen von den Gästen in der Themenwahl (z. B. “Am und im Wasser”, “Museum & Kultur”, “Aktiv in der Natur”, “Essen & Trinken”, “Zum Wandern”, “Veranstaltungen”) präferiert wurden und die zum anderen eine schnelle Anreise ohne viele Umstiege mit Bus oder Bahn ermöglichen. Zudem erhalten die Gäste in der Anwendung stets die Information, wie hoch ihre CO2-Ersparnis im Gegensatz zur Kfz-Nutzung wäre.
Abbildung: Beispiel, wie NaturTrip für Niedersachsen Informationen an Gäste ausspielt, um diese hinsichtlich eines nachhaltigen Reiseverhaltens zu sensibilisieren. Quelle: naturtrip-niedersachsen.de
Durch die Zusammenarbeit entsteht eine Win-Win-Win Situation:
All dies gebündelt führt zu einer ansprechenden digitalen Anwendung für die Gäste und auch dazu, dass die offenen Daten eine Reichweitensteigerung erfahren und das wirkliche Potenzial von Open Data in einem Show Case deutlich sichtbar wird.
So entsteht auch ein Mehrwert für die touristischen Regionen, Orte und Leistungsträger des Landes, deren akribisch gepflegte Open Data-Inhalte durch die Anwendung ohne zusätzliche Aufwände in Wert gesetzt werden. Auch sie können zur Gäste-Information und Beratung von Reiseinteressierten die Anwendung kostenfrei nutzen.
Gäste bekommen also die Möglichkeit, neue Reiseziele in Niedersachsen zu entdecken und werden gleichzeitig für ein nachhaltiges Reiseverhalten sensibilisiert. Diese Sensibilisierung kann innerhalb der Web-App nach und nach noch ausgebaut werden, indem Themen zur Umweltbildung zum Beispiel mit aufgegriffen werden.
Die TMN wurde nun in der Kategorie „Excellence in Brand Strategy and Creation: Brand Communication – Digital solutions & Apps“ für die Web-App NaturTrip Niedersachsen mit Gold ausgezeichnet. Auch dies verdeutlicht, welchen Stellenwert eine problemlösungsorientierte Verschneidung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit einnehmen kann. Die vollständige Meldung ist hier nachlesbar: https://nds.tourismusnetzwerk.info/2023/06/15/tmn-zweimal-mit-dem-german-brand-award-ausgezeichnet/
Die NaturTrip-WebApp ist unter naturtrip-niedersachsen.de verfügbar. Sollten Sie als touristischer Betrieb aus Niedersachsen Interesse an einer Nutzung der NaturTrip-Anwendung für Ihre Webseite haben, melden Sie sich bitte bei Herrn Foltin.